HAZ, 08.08..02
Kein Geld, kein Interesse - Paris sagt EXPO 2004 ab
.VON IMRE GRIMM
Hannover. Der französische Premierminister Jean-Pierre
Raffarin hat die für 2004 geplante ,,kleine" Weltausstellung
bei Paris abgesagt - aus finanziellen Gründen und vor allem
wegen des geringen Interesses. Gerade einmal sechs Staaten hätten
bisher ihre Bereitschaft zur Expo-Teilnahme bekundet. Er habe die
Weltausstellungen in Sevilla und Lissabon erlebt, sagte Raffarin.
,,Frankreich kann sich ein solches Projekt derzeit einfach nicht
leisten."
Mehr als acht Millionen Besucher sollten von Mai bis August 2004
an 93 Tagen auf dem 25 Hektar großen Gelände in Dugny
nahe der französischen Hauptstadt die Pavillons von mehr als
90 Nationen besuchen. Nach dem Stopp des von der früheren sozialistischen
Regierung geplanten Prestige-Projekts durch den rechtsliberalen
Raffarin herrscht Aufregung in der Region: 395 Millionen Euro sollte
die Schau unter dem Motto ,,Bilderwelten" kosten. Das betroffene
Departement Seine-Saint-Denis empfindet die Absage als ,,politisch
motiviert" und ,,harten Schlag für Tourismus, Wirtschaft
und Kultur in der Region". Lokal-Politiker fordern Schadensersatz.
Die Planungen für Paris waren von Beginn an umstritten. Nur
ein Jahr vor der nächsten ,,großen" Expo 2005 in
der japanischen Provinz Aichi wollte Frankreich die ,,kleine"
Expo offenbar vor allem dazu nutzen' die wirtschaftliche Entwicklung
der Region um Paris, der ‚lle--de-France' anzukurbeln. Das betreffende
Areal, in dem auch die WM-Arena ,,Stade de France" steht' soll
zum modernsten Gewerbegebiet Europas ausgebaut werden. Man erhoffte
sich Tausende von Arbeitsplätzen. ,,Eine solche Expo wäre
ein großer Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung unserer
Region"' heißt es dazu beim Veranstalter ,,Images 2004".
Erst im Juli 2001 hatten die Franzosen ein Organisationskomitee
ins Leben gerufen. Staatspräsident Jacques Chirac berief die
frühere Kulturministerin Catherine Trautmann zur Expo-Generalsekretärin.
,,Die Japaner waren damals sehr erbost darüber' dass die Franzosen
ein Jahr vor Aichi noch eine Expo durchdrücken wollten",
sagte gestern Norbert Bargmann' früherer Stellvertreter von
Expo-Generalkommissarin Birgit Breuel und heute Geschäftsführer
bei der Messe München GmbH. Das ,,Bureau International des
Expositions" (B.I.E.' Weltausstellungsbüro) - mit Sitz
in Paris - habe dem französischen Projekt trotzdem mit deutlicher
Mehrheit zugestimmt. ,,Dabei war allen klar, dass vor allem die
Region gepusht werden sollte. Mit der jetzigen Absage dürften
die Japaner sehr zufrieden sein."
Haben die enttäuschenden Besucher-zahlen und das 1,02-Milliarden-Euro-Defizit
von der ,,Expo 2000" in Hannover die Franzosen verunsichert?
,,Ich denke nicht", sagte Bargmann. ,,Aber so eine kleine Expo
macht zurzeit keinen Sinn. Die Absage ist vor dem Hintergrund der
Wirtschaftslage nachvollziehbar." War Hannover die letzte Weltausstellung?
,,Ich bin nicht Nostradamus", sagte der 49-Jährige. ,,Der
japanischen Wirtschaft geht es mies. Aber ich denke, Aichi findet
statt."
Zweieinhalb Jahre vor Beginn der ,,Expo 2005" liegen die Planungen
in Japan im Soll. Mehr als 50 Nationen haben bisher ihre Teilnahme
zugesagt' die meisten entscheiden sich erfahrungsgemäß
erst sehr spät. Auch in den USA, die in Hannover noch fehlten,
gibt es Befürworter. Das Wirtschaftsministerium in Washington
empfiehlt US-Unternehmern auf seiner Homepage ein finanzielles Engagement
in Aichi: ,,Die Expo dürfte amerikanischen Firmen eine Vielzahl
von Möglichkeiten bieten."
Mit 40 Millionen Gästen, Investitionen von 1,7 Milliarden Euro
und einem 650 Hektar großen Gelände plante Japan anfangs
(Hannover hatte 160 Hektar). Dann aber wurde auf dem ursprünglichen
Expo-Gebiet nahe der Stadt Seto das Nest eines äußerst
seltenen Vogels gefunden. Umweltschützer und das Weltausstellungsbüro
in Paris schlugen Alarm. Das japanische Organisationskomitee nutzte
den anschließenden ,,Umzug", um den viel zu optimistischen
Masterplan kräftig zusammenzustreichen: 15 Millionen Besucher
erwartet Japan nun ab dem 25. März 2005. Das neue Gelände
ist ,,nur" noch 200 Hektar groß.
,,Große" Expos, ,,kleine" Expos - darüber entscheidet
seit 1928 allein das Welt-ausstellungsbüro B.I.E. in Paris.
1996 hat es endlich einen regelmäßigen Fünf-Jah-res-Rhythmus
festgelegt. Dieser gilt aber erst ab 2010. Bis dahin rangeln noch
Triest in Italien, Saloniki in Griechenland und Saragossa in Spanien
um eine ,,kleine" Expo 2007 oder 2008. Um die ,,große"
Expo 2010 haben sich Schanghai (China), Yeosu (Korea), Moskau (Russland),
Queretaro (Mexiko) und Breslau (Polen) beworben. Buenos Aires hat
seine Kandidatur im Mai 2002 zurückgezogen - wegen der Wirtschaftskrise
in Argentinien.
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