Presseberichte,
Teil 1
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Berliner Kurier, 16.03.01
Olé!
Venezuela will Potsdam den Expo-Pavillon schenken
POTSDAM - Ein Hauch Exotik für Potsdam: Venezuela
will der Stadt seinen aufsehenerregenden Expo-Pavillon schenken.
Der Rundbau mit den lila-weißen Blütenblättern als
Dach war einer der Publikumsmagneten auf dem Expo-Gelände.
Jetzt plant Venezuelas Botschafter Erik Becker, der seine Residenz
am Neuen Garten hat, den Tropentraum an die Havel zu verpflanzen:
"Seit Ende der Expo liegt der Pavillon zerlegt in einem Lager
bei Hannover. Da kam mir die Idee, ihn hier als deutsch-venezolanisches
Kulturzentrum zu nutzen."
Salsa-Kurse unterm Blätterdach, das sich an warmen Sonnentagen
automatisch öffnet? Im Rathaus ist man begeistert von dem Geschenk,
prüfte bereits einige Standorte. "Der beste Platz wäre
am Fuße des Brauhausberges, dort kommt so ein Solitär
gut zur Geltung", sagt Vize-Stadtbaudirektor Bernd Kahle.
Wenn die Stadt das Grundstück gratis zur Verfügung stellt,
entstehen ihr sonst keine Kosten, verspricht der Botschafter: "Aufbau
und Betrieb übernimmt die Republik Venezuela, ich führe
darüber gerade Gespräche mit meiner Regierung." www.botschaft-venezuela.de
fin
http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_kurier/brandenburg/.html/artik2.html
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Neue Presse, 12.3.01 Lokales
Falschem
König droht ein Putsch
Riesenwirbel um Boleslav I. in seiner tschechischen
Heimat. Der Mann narrte als falscher König der Walachei das
Expo-Protokoll. Nun droht ihm daheim ein Putsch.
Boleslav I., alias Bolek Polivka (51), beherrscht die Hauptnachrichtensendungen
in Prag. Seriöse Zeitungen fragen auf ihren Titelseiten bangend:
"Verliert Polivka die walachische Krone?"
Dem falschen König der Walachei droht ein echter Putsch. Die
Schrift zur Absetzung sei schon formuliert und Boleslav I. zugestellt,
heißt es. Das ganze Land nimmt Anteil am Streit.
Dabei hatte Polivka den Staat samt Wappen in einer Bierlaune am
Stammtisch mit Freunden erfunden. Doch die Untertanen machen Front
gegen Boleslav I. und werfen dem Schauspieler "Verrat der Ideale"
vor.
Wortführer der Aufrührer ist Tomas Harabis - Mitgründer
des walachischen Königreichs. Sein Vorwurf: "Er hat aus
unserer Stammtischgesellschaft durch die Aufnahme vieler Prominenter
aus Prag einen Eliteverein gemacht."
Es sei um die Förderung einer tourismusschwachen Region gegangen.
Doch Polivka arbeite nur noch am eigenen Image.
Ist Boleslav I. der Erfolg auf der Weltausstellung zu Kopf gestiegen?
Dort war der falsche König Anfang Oktober von drei Limousinen
des Expo-Protokolls, sechs Streifenwagen und zwei Polizeimotorrädern
am Flughafen abgeholt und anschließend den ganzen Tag hofiert
worden.
Eingefädelt hatte den Besuch des falschen Königs Generalkommissar
Vaclav Bartuska (33) aus Prag. Dem war aufgefallen, dass Monarchen
gut ankommen. Das tschechische Fernsehen filmte. Aus dem Stammtisch-König
der Walachei wurde der heimliche König ganz Tschechiens.
Nicht der einzige Erfolg Boleslav I. Ende März kämpft
der Streifen "Wir wollen zusammenhalten" bei der Oscar-Verleihung
in den USA um den Titel "Bester ausländischer Film".
In der Hauptrolle Polivka, der zur Preisverleihung als König
anreisen wollte. Daran ist nicht mehr zu denken.
Doch vielleicht wird noch alles gut: Die Stadtväter der Walachei
schlagen Alarm. Der Zerfall des Königreiches wäre das
Ende einer großartigen Werbung für die entlegene Region.
Deshalb wollen sich 20 Bürgermeister mit Boleslav I. und Harabis
treffen, um den Streit beizulegen. Mögliches Motto des Krisengipfels:
"Wir wollen zusammenhalten."
AS/va, HANNOVER/PRAG
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Neue Presse, 12.3.01
Zeri-Projekt
auf Siegeszug um die Welt
Der Auftritt auf der Weltausstellung wurde für
die Umweltorganisation eine Erfolgsgeschichte mit Langzeitwirkung.
Zeri-Gründer Gunter Pauli (45) ist glücklich. Obwohl sein
Expo-Pavillon auf der Mülldeponie gelandet ist. Sein Trost:
"Durch die Weltausstellung haben wir hervorragende Kontakte
und Möglichkeiten bekommen", sagt der 45-Jährige
mit dem energischen Kinn.
Das Konzept des Zeri-Pavillons - einer kostengünstigen Konstruktion
aus Bambus und Beton - hat seinen Siegeszug um die Welt begonnen.
In Nigeria werden eine Million der Billighäuser für sozial
Schwache gebaut. Jedes mit einer Fläche von 64 Quadratmetern,
zwei Stockwerke hoch und mit einem zwölf Quadratmeter großen
Balkon.
Kosten pro Haus bisher: 10.000 Mark. Später soll der Preis
durch Massenproduktion auf rund 1000 Mark sinken. Pauli: "Ohne
die Expo hätten wir das nie geschafft."
Menschen aus vielen Ländern ließen sich auf dem Westgelände
vom Zeri-Pavillon überzeugen. Auch die Vereinten Nationen.
Die unterstützen das Projekt in Afrika mit rund zwei Millionen
Mark jährlich. Der norwegische Ölkonzern Statoil schießt
für jedes Haus 100 Mark zu. Das Unternehmen will den Kohlendioxid-Anteil
in der Luft verringern: Denn Bambus nimmt das umweltschädliche
Gas auf, bindet es.
Ein Trumpf in Paulis Augen: die deutsche Baugenehmigung. Die sei
in der Welt hochgeachtet, erklärt der 45-Jährige. Das
Papier sei wie ein Passierschein gewesen. Obwohl es in Deutschland
Zeri-Häuser nie geben wird - das Wetter ist zu schlecht. Doch
Japan prüft auf Grund der deutschen Genehmigung, ob die Bambusbauten
auch dort stehen könnten. Ergebnisse werden Ende April erwartet.
Thailand ist schon weiter: Im Norden des Landes sollen 2000 der
Bambushäuser gebaut werden.
Was Pauli freut: "Die Firma La farge wird unsere Konstruktion
aus Bambus und Beton als zukunftsweisend befürworten."
Der Jahresbericht des französischen Zementgiganten liegt im
April vor.
Mit den Aufgaben wächst Zeri. Vor der Expo gab es nur in Zürich
ein Büro mit 15 Menschen. Mittlerweile gibts weltweit Niederlassungen
mit weit mehr als 100 Mitarbeitern. Dazu gehört auch Hannover
- Sitz des neu gegründeten Zeri Deutschland mit drei Angestellten.
VON AXEL SCHNELL, HANNOVER
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Berliner Zeitung, 8.3.01
Von
Hannover nach Düppel
ZEHLENDORF
Aus dem Holz des Schweizer Expo-Pavillons wird der neue Eingang
für das Museumsdorf gebaut
Für Björn Olufsen kamen die Holzbohlen wie gerufen. "Wir
überlegen schon seit Jahren, wie wir den Eingang unseres Museumsdorfes
Düppel schöner gestalten können", sagt er. Olufsen
ist Projektleiter im Museumsdorf Düppel. Durch Zufall erfuhr
er, dass der Schweizer Expo-Pavillon, der vollständig aus Holz
bestand, auseinander gebaut und verschreddert werden sollte. Wertvolles,
unbehandeltes Lärchenholz, ohne Bohrlöcher, Nägel
oder Schrauben. "Das schöne Holz in den Schredder? Das
geht nicht, das müssen wir haben", sagte Olufsen. Mit
Hilfe der Schweizer Botschaft in Berlin gelang es ihm schließlich,
100 Kubikmeter des Holzes nach Düppel zu holen. Die Botschaftsmitarbeiter
schafften die nötigen Kontakte, koordinierten, organisierten
den Transport nach Düppel.
Museums-Shop aus Lärchenholz
Der Schweizer Pavillon des Architekten Peter Zumthor hatte während
der Weltausstellung in Hannover für Aufsehen gesorgt. Er war
ein zehn Meter hohes und 53 Meter breites Labyrinth in Blockbauweise.
"Die Latten wurden nur durch Federn zusammengehalten, ohne
Schrauben und Nägel", sagt der Schweizer Kulturrat Heinz
Walker-Nederkoorn. "Innen lief Musik und an die Bohlen wurden
Zitate aus der Schweizer Literatur projiziert."
Jetzt liegen die riesigen Holz-Pakete auf einer Wiese des Museumsdorfes.
Aus den Bohlen will die Museumsleitung zwei neue Gebäude bauen
lassen. In einem sollen die Kasse, ein Ausstellungsraum und die
Museumsaufsicht unterkommen. In dem anderen entsteht ein Museums-Shop.
"Der Eingang, wie er jetzt ist, ist eine Katastrophe",
sagt Projektleiter Olufsen. Er meint die grünlichen und beigen
Metall-Container, die jedem Museumsbesucher unangenehm auffielen.
Darin untergebracht sind neben der Kasse, den Toiletten und einer
Werkstatt auch Unterrichtsräume für Schulklassen, die
das Museumsdorf besichtigen.
"Olufsens Vorschlag, den neuen Eingang mit den Pavillon-Kanthölzern
zu gestalten, ist bislang nur eine Idee", sagt Klaus Golmann,
der Vorsitzende des Museums-Fördervereins. Noch gibt es weder
das benötigte Geld noch eine Bewilligung des Arbeitsamtes für
die Beschäftigung von ABM-Kräften. Auch die Erlaubnis
der Bauaufsicht fehlt noch. Darum will sich der Förderverein
kümmern. Doch weder der Verein noch das Museum haben Geld,
um den Aufbau zu bezahlen.
Doch der Anfang ist gemacht: Der Architekt Bernd Johae hat bereits
eine Skizze für den "neuen Pavillon" gezeichnet.
"Die Latten sollten in zwei Reihen in einem Abstand von jeweils
15 Zentimetern als Wand angeordnet werden", schlägt er
vor. Zwischen die beiden Reihen kommt isolierendes, aber lichtdurchlässiges
Material. "Deshalb habe ich keine Fenster in der Wand geplant
Dilek Güngör
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Neue Presse, 6.3.01 Lokales
Rätselraten
um Nepals Pavillon
Die Zukunft von Nepals abgebauten Expo-Pavillon
bleibt weiter unklar. Steht er nun bald an der schönen blauen Donau
oder nicht? Wie viel Wasser muss noch die Donau herabfließen, bis
das Schicksal des Tempels der Stille geklärt ist? Sicher ist: Seit
Herbst 2000 liegt eine Bauvoranfrage des Regensburger Geschäftsmanns
Heribert Wirth (63) beim dortigen Landratsamt vor. Wirth hatte erklärt,
Nepal hätte ihm den Tempel der Stille überlassen - kostenlos. Wolfgang
Brandl (54), Sprecher des Regensburger Landratsamtes: "Wir warten
darauf, dass er die Pläne bringt." Mysteriös: Noch vor kurzem hatten
die Männer aus dem Himalaya zwölf Millionen Mark gefordert. Und
Wirth hatte versichert, dass im März die Aufbauarbeiten in der 2000-Einwohner-Gemeinde
Wiesent bei Regensburg beginnen würden. Mehr wolle er aber erst
sagen, wenn seine Freunde aus Katmandu im Mai zurückkehren.
Wirth verdiente sein Geld mit dem Aufbau von Pipelines im Nahen
Osten. Vor zehn Jahren verkaufte er sein Unternehmen und gründete
"Wasser für die Welt". Eine Organisation, die angeblich landwirtschaftliche
Projekte in Südamerika unterstützt. Die Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit in Bonn hat allerdings noch nie von diesem Verbund
gehört. Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (57, SPD) ist verwundert:
"Erst Mitte Februar hatten wir eine Delegation aus Nepal hier."
Damals erklärte deren Leiter und Vize-Generalkommissar Amrit Shakya
(44): "Hannover ist eine der ernst zu nehmenden Optionen." Auf jeden
Fall solle der Tempel der Stille in einer Großstadt stehen. Schwer
zu glauben, dass damit die 125.000-Einwohner-Stadt Regensburg gemeint
sein konnte. Und das 25 Kilometer entfernte kleine Wiesent schon
gar nicht.
Heribert Wirth beharrt trotzdem darauf, dass Einzelteile des Pavillons
schon seit Wochen bei ihm eintreffen. Heinz Klein (41), Redakteur
bei der "Mittelbayerischen Zeitung", der in Regensburg über den
Tempel der Stille berichtet: "Ich habe noch nichts gesehen." Sicher
ist: Die Nepalesen haben nach NP-Informationen den Abriss des Fundamentes
ihres handgeschnitzten Pavillons auf dem Expo-Gelände nicht bezahlt.
Über die Höhe der Summe schweigt sich die Expo-Auflösungsgesellschaft
aus. Die kommt zunächst dafür auf und wird dann wohl die Rechnung
nach Katmandu schicken.
Dilek Güngör
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Buersche Zeitung - 05. 03.
2001, 22.01 Uhr
"Als
sture Westfalen geben wir nicht auf"
Gelsenkirchen "Als sture Westfalen geben wir nicht
auf" Angeblich sind Einzelteile des Nepal-Pavillons schon in Wiesent
bei Regensburg angekommen, doch Dr. Ingo Westen hat noch Hoffnung:
"Als sture Westfalen geben wir so schnell nicht auf." Der Geschäftsführer
der GEW, der Muttergesellschaft des Ruhr-Zoos, ist nach wie vor
bemüht, die Attraktion der Expo von Hannover für den neuen "zoom"
zu gewinnen. Die GEW versuche, mit den bisherigen Partnern Kontakt
aufzunehmen, was bislang nicht gelungen sei. Der Vertrag sei bis
ins Letzte geregelt gewesen. Am 13. Februar sollte er unterzeichnet
werden, doch die Vertragspartner kamen nicht (siehe "Absage in der
letzten Minute", Ausgabe vom 14. Februar). Dr. Westen trägt's mit
Fassung: "Ursprünglich hatten wir den Asien-Bereich auch ohne Nepal-Pavillon
geplant." Doch wo ist das gute Stück und wo kommt es jetzt hin?
Der Tierpark Hagenbeck war (oder ist noch?) im Rennen. Mitte vergangener
Woche berichtete der "Donau Kurier", dass der Pavillon im April
in Wiesent aufgestellt wird. Das verbreitete am Wochenende auch
der WDR in seinen Nachrichten. Der Regensburger Geschäftsmann Heribert
Wirth will den Pavillon, auch Tempel der Stille geheißen, von den
Nepalesen geschenkt bekommen haben. Das wiederum berichtet die "Neue
Presse" Hannover unter der Titelzeile "Alle wollen Nepals Expo-Bau".
Allerdings mit einigem Zweifel, denn die Investoren aus dem Himalaya-Staat
sollen ursprünglich zwölf Millionen DM für das geschnitzte Kunstwerk
gefordert haben. Gäbe es den Pavillon nicht, man könnte ihn für
die Behausung des Schneemenschen Yeti halten.
-au
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HAZ - 01. 03. 2001
"Nur
am Anfang war die Zukunft offen"
So gegensätzlich sind die Auffassungen über die
erste Expo auf deutschem Boden auch heute noch, fast ein halbes
Jahr nach dem Ende des Großereignisses - ebenso gegensätzlich wie
schon lange vor ihrem Anfang: Begonnen hat die ernsthafte Debatte
darüber bereits vor ziemlich genau zehn Jahren. "Eine Weltausstellung
neuen Typs?" lautete Ende 1990 der Titel eines Treffens in Loccum.
"War das die Zukunft?" war die Leitfrage einer Tagung, bei der die
Evangelische Akademie jetzt den Diskussionsfaden wieder aufgenommen
hat - mit den Diskutanten von damals, mit Kritikern und Befürwortern
der Weltausstellung und nicht zuletzt mit Expo-Machern. Auf den
ersten Blick, so scheint es nach diesem Tagung, hat sich an der
Haltung der Beobachter nichts verändert, scheinen beide Seiten erstaunlich
erfahrungsresistent zu sein: Gegner der Weltausstellung sehen ihre
Befürchtungen, Expo-Befürworter dagegen ihre Hoffnungen über weite
Strecken bestätigt. Nur eine "Expo mit Hannover-Format" sei es geworden,
urteilte etwa Michael Braungart, Ehemann der zeitweiligen Umweltministerin
Monika Griefahn, dessen Konzept der "2000 Lösungen" nicht in die
Weltausstellung aufgenommen wurde. "Die Erwartungen der Wirtschaft
wurden weitgehend erfüllt", konstatierte indes Arno Brandt, bei
der Nord/LB Leiter für Regionale Wirtschaft und Expo 2000. "70 Prozent
der Investitionen sind in der Region Hannover und in Niedersachsen
geblieben."
Die Wirtschaft habe freilich auch an der Wiege des Weltausstellungsprojekts
gestanden, erinnerte Hans May, 1990 Direktor der Loccumer Akademie.
"Am Anfang war der Gruppenegoismus von Messe AG, Stadt, Land und
Wirtschaft - und keine dieser Gruppen allein konnte dem Expo-Projekt
eine Legitimation verschaffen." Man habe daher ein Thema "erfinden"
müssen, und erst das Expo-Motto "Mensch-Natur-Technik" habe die
Sonderinteressen gekonnt eingebunden. "Das Projekt, die Fortschrittsgläubigkeit
der Moderne auf den Prüfstand zu stellen, war interessant, mutig
und substanziell gerechtfertigt." Doch dann habe lange nur Konzeptionslosigkeit
geherrscht. "Wir hätten Visionäre gebraucht, und wir bekamen Manager."
Mit ihnen hätten sich die Egoismen des Anfangs so durchgesetzt,
dass "Nebenfolgen sich stärker auswirkten als die erklärten programmatischen
Intentionen".
In der Tat. Der afrikanische "Tag des Trommelns", die spanischen
Flamenco-Tanzkünste, das Open-Air-Kino oder der Absacker am australischen
Pavillon waren auch in Loccum den meisten präsenter als feinziselierte
Argumente zum Welternährungsproblem oder zum globalen Klimawandel
aus den aufwändigen Themenparks oder den hochkarätig besetzten "Global
Dialogues", die fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden.
Überhaupt, die Öffentlichkeitsarbeit: Allzu spät habe die Werbung
für die Weltausstellung begonnen, allzu wenig habe man daraus an
Informationen entnehmen können, allzu schwach sei damit das öffentliche
Profil der Expo geblieben, lautete die Kritik, der sich Matthias
Ginsberg, zeitweilig verantwortlich für Public Relations, Werbung
und Design bei der Expo, in Loccum gegenübersah. "Anders als für
andere Produkte", hielt der im August 2000 geschasste Ginsberg dagegen,
"ließ sich für das Produkt Expo nicht vorab werben, weil es erst
am 1. Juni 2000 fertig gestellt war." Dennoch sei seine Imagekampagne
erfolgreich gewesen. Immerhin habe man in Umfragen bei 30 Millionen
Deutschen eine "Besuchsbereitschaft" festgestellt. Dass diese Millionen
dann nicht gekommen sind, liege an anderen Widrigkeiten wie Parkplatzgebühren,
Ticketpreisen und der die Expo-Monate zusätzlich überschattenden
Finanzdebatte.
"Wir hätten uns viel früher von der Fiktion der 40 Millionen Besucher
lösen müssen", urteilte Expobank-Chef Karl-Friedrich Hahn. Denn
die Querelen um Besucherzahlen hätten die Diskussion über Inhalte
und Chancen der Expo blockiert. Finanzielle Erwägungen haben offenbar
auch die inhaltliche Ausgestaltung der Weltausstellung beeinflusst.
"Das jahrelange Ringen um Geldgeber hat sich angesichts eines Volumens
von weniger als 700 Millionen Mark Sponsorengeld zu wenig ausgezahlt",
urteilte Arno Brandt. Und die Gestalter der Themenparks standen
nach Darstellung von Stefan Wolf unter erheblichem Interessensdruck:
Teils erfolgreich hätten Energieversorgungs-unternehmen Einfluss
beim Thema alternative Energien, Anlagenbauer beim Thema Mobilität
ohne Auto und Agrarlobbyisten bei der Darstellung konventioneller
Landwirtschaft ausgeübt. "Nur am Anfang war die Zukunft wirklich
offen", pointierte Wolf. Positiver waren zweifellos die ökonomischen
Folgen für den Standort Niedersachsen, vor allem für die Region
Hannover (siehe Kasten). Beispielsweise kann die Kronsberg-Siedlung
nach dem Urteil der Stadtplanerin Pamela Heise das Potenzial einer
ökologischen Mustersiedlung vorführen, wenn die vorhandenen Techniken
zur Ressourcenschonung noch durch Bildung und Qualifizierung von
Bewohnern und Baupersonal ergänzt und zur Regelanforderung jeder
Stadtplanung werden. "Sonst geht vom Kronsberg der typische Oaseneffekt
aus - die Austrocknung der benachbarten Siedlungen."
Die politischen Perspektiven vieler Expo-Projekte jenseits der Weltausstellung
sind dagegen statt von klaren Perspektiven eher von hochtrabenden
Wünschen geprägt: Lars Hoffmeier von der Bundesstiftung Umwelt zeigte
sich zuversichtlich, dass durch die Mitarbeit seiner Stiftung auf
dem Gelände bei den Besuchern neues Umweltbewusstsein entstanden
sei. Andreas von Schumann, der für das Entwicklungshilfeministerium
die Präsenz afrikanischer Länder auf der Expo mitorganisiert hat,
betonte, dass die Afrikaner sich mit neuem Selbstbewusstsein und
großem Ernst dem Expo-Motto gewidmet hätten. Gertrud Kreuter und
Regine Othmer, Mitarbeiterinnen der Internationalen Frauen-Universität,
setzen sich dafür ein, dieses und die gut 400 anderen weltweiten
Expo-Projekte durch eine Vernetzung am Leben zu halten - in der
Hoffnung, sie bei der Weltausstellung 2005 in Japan wieder zusammenzuführen.
Vielleicht also wird es nach den Tränen, die es am Ende der Expo
nicht nur in der Afrika-Halle gab, für manchen auch Tränen des Wiedersehens
geben - auf der nächsten Expo.
Daniel Alexander Schacht, Loccum, 01.03.2001
19:03 Uhr
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